… Dr. med. Konrad Schmidt und Professor Dr. med. Jochen Gensichen – Hufeland-Preisträger 2017
Die Hufeland-Preisträger 2017, Dr. med. Konrad Schmidt von der Charité – Universitätsmedizin und Professor Dr. med. Jochen Gensichen vom Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität, München, reichten die Studie „Hausärztliche Versorgung von Patienten nach Intensivtherapie“ als ihre Arbeit aus ihrer Zeit am Institut für Allgemeinmedizin des Universitätsklinikums Jena ein.
Dr. med. Konrad Schmidt
Professor Dr. med. Jochen Gensichen
Frage: Herr Dr. Schmidt, Herr Professor Gensichen, um die Langzeitversorgung von Patienten, die eine Sepsis überleben, zu verbessern, entwickelten Sie mit einem interdisziplinären Team ein strukturiertes Nachsorgeprogramm. Mit diesem Programm wird eine Brücke geschlagen von der Intensivmedizin zur hausärztlichen Versorgung.
Dr. Schmidt: Ja, diese Studie richtete sich an eine Patientenpopulation, die bislang wenig im Fokus der Forschung stand, nämlich die Überlebenden einer Sepsis. Die Diagnose Sepsis ist eine schwere und sehr häufige intensivmedizinische Diagnose: Etwa die Hälfte der Patienten verstirbt im Krankenhaus, die andere Hälfte hat oft über Jahre danach mit Komplikationen zu kämpfen. Wir stehen erst am Anfang, diese Komplikationen zu verstehen, es wird sicher noch Jahre dauern, bis ausgereifte Versorgungskonzepte vorliegen. Unsere Studie war hierzu ein erster Ansatz.
Frage: Wo setzt das Nachsorgeprogramm für den Patienten an?
Professor Gensichen: Unser Ansatz ist, den Hausarzt als wichtigen Akteur in die Versorgung einzubeziehen, da die meisten Patienten ambulant von ihren Hausärzten betreut werden. Er ist erster Ansprechpartner auch für die möglicherweise auftretenden Komplikationen. Das Krankheitsbild ist sehr vielfältig, die Menschen leiden noch lange an den Spätfolgen der Sepsis, wie z. B. Nervenschäden, Depressionen, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen oder auch posttraumatische Belastungsstörungen können auftreten
Frage: Dem Hausarzt fällt damit die zentrale Rolle in der Nachsorge zu. Geben Sie ihm bestimmte Empfehlungen?
Dr. Schmidt: Es gibt eigentlich drei Akteure in dem untersuchten Nachsorgeprogramm: Der eine ist der Hausarzt. Bis die Patienten nach Entlassung von der Intensivstation, über Normalstation und diversen Rehabilitationseinrichtungen schließlich beim Hausarzt ankommen, gehen in unserem noch immer fragmentierten Gesundheitssystem viele Informationen verloren. Unser Ansatz war es nun, den Hausarzt mit Informationen zu versorgen und ihn gezielt zu schulen: Welche Untersuchungen er durchführen, worauf er den Patienten ansprechen sollte und wann andere Spezialisten eingeschaltet werden können. Dies war die Aufgabe eines zweiten Akteurs, des sogenannten Liaisionarztes.
Frage: Sie sprachen von drei Akteuren?
Dr. Schmidt: Richtig. Zusätzlich gaben wir dem Patienten einen Begleiter zur Seite, den sogenannten Case Manager: eine Krankenschwester mit Intensiverfahrung. Sie behält den Patienten noch zwölf Monate nach der Entlassung aus dem Krankenhaus im Auge. Ihre Aufgabe ist, den Patienten in seiner Selbstverantwortung zu stärken und ein sogenanntes Monitoring regelmäßig durchzuführen: Hierdurch können Auffälligkeiten direkt registriert und an den Hausarzt weitergeleitet werden.
Frage: Eine abschließende Frage noch. Worin sehen Sie die Faszination der Prävention und Versorgungsforschung?
Professor Gensichen: Mit der Versorgungsforschung wird eine Brücke geschlagen zwischen der Wissenschaft und der täglichen Versorgung der Patienten. Viel Energie und Potenzial fließen in die frühe Forschung zu grundlegenden Zusammenhängen. Da braucht es aber auch eine Disziplin, die sich darum kümmert, wie diese wissenschaftliche Erkenntnis in das reale klinische Leben transferiert wird. Dass zum Beispiel Leitlinien umgesetzt werden usw. Dieser Brückenschlag ist sehr wichtig für die Patienten.